Fette oder Kohlehydrate?

Was ist der bevorzugte „Treibstoff“ unserer Zellen – Fette oder Kohlenhydrate? Die Meinungen darüber gehen auseinander. Laut Schulmedizin sind zwar lediglich Proteine und Fette lebensnotwendige Bestandteile unserer Nahrung, jedoch gilt Glukose, gewonnen aus Kohlenhydraten, als Haupttreibstoff unserer Zellen. Hierbei muss dem Körper regelmäßig von außen Nahrung zugeführt werden, da Glukose nur in sehr geringer Menge gespeichert werden kann. Die benötigte Energie gewinnt der Körper in diesem Fall, beim Kohlenhydratstoffwechsel, aus den Kohlenhydraten. Fett wird dabei nur wenig benötigt und sollte besser auch nur in geringen Mengen aufgenommen werden – warum, kannst du hier nachlesen.

Entwicklungsgeschichtlich bedingt ist unser Körper jedoch bekanntlich auch in der Lage, aus seinen Energiespeichern zu leben – das bedeutet: von Fett, denn überschüssige aufgenommene Energie wird in Form von Fett gespeichert. Anders hätte die Menschheit Zeiten von Nahrungsmangel gar nicht überstanden. Vielleicht hast du diese Fähigkeit deines Körpers während einer Fastenzeit schon einmal genutzt. Wenn nämlich die Versorgung mit Kohlenhydraten ausbleibt, schaltet unser Körper um auf Ketose, auch Fettstoffwechsel genannt. Und holt sich die benötigte Energie aus seinen Speichern, den Körperfetten. Statt von Glukose können die menschlichen Zellen nämlich auch von den sogenannten Ketonen leben, die durch den Abbau von Fetten entstehen. Wenn du fastest (oder aus Mangel an Nahrung hungerst), schaltet der gesamte Stoffwechsel innerhalb von wenigen Tagen von Glukose-Stoffwechsel auf Keton-Stoffwechsel um. Da dein Körper höchstwahrscheinlich nicht mehr daran gewöhnt ist, ketogen zu arbeiten, kann die Umstellung von Erschöpfung, Kopfschmerzen oder Unwohlsein begleitet werden. Dass du dich umgestellt hast, also in der Ketose bist, merkst du unter anderem daran, dass deine Körpertemperatur um etwa 0,5 °C steigt. Bei der Umwandlung von Fetten zu Energie entstehen die sog. Ketonkörper. Überschüssige Ketonkörper werden mit dem Urin ausgeschieden. Wer es genau wissen will, kann also mithilfe von Sticks auch am Urin feststellen, wie der Stoffwechsel gerade arbeitet. Das Ganze funktioniert übrigens auch ohne Fasten, solange du weniger als 25-30g Kohlenhydrate pro Tag aufnimmst. Du kannst also den Fettstoffwechsel aufrechterhalten und dich damit von der Zufuhr von Kohlenhydraten unabhängig machen, indem du dich hauptsächlich von Fetten ernährst.

Die Vertreter der Primal Living Theorie bzw der LowCarbHighFat-Ernährungsweise gehen nun davon aus, dass unser Organismus entwicklungsgeschichtlich für den Fettstoffwechsel optimiert sei. Es seien also die Fettsäuren, die den Stoffwechsel antreiben; wir benötigen angeblich nur geringe Mengen an Glukose, die die Leber problemlos täglich bereitstellen kann. Menschen, die sich längerfristig so ernähren und wohlfühlen, geben als positive Auswirkung insbesondere ein gleichbleibend hohes Energieniveau ohne Hungergefühle und Heißhungerattacken an. (Was ich jedoch ebenso für meine Form der Ernährung bestätigen kann – der entscheidende Faktor scheint mir hierbei ausreichend hochwertiges (vorzugsweise wildes!) Grünzeug zu sein.) Jedenfalls können sowohl Skelettmuskeln als auch der Herzmuskel und das Gehirn die Ketone verbrennen.

Ob sich objektiv eindeutig sagen lässt, was besser, gesünder, ist – fettbasiert oder kohlenhydratbasiert zu essen – kann ich nicht sagen. Offenbar kann der Mensch jedenfalls sowohl von Kohlenhydraten als auch von Fetten leben. Und es scheint so zu sein, dass der Stoffwechsel sich an die verschiedenen Ernährungsgewohnheiten anpassen kann: bei reduzierter Kohlenhydratzufuhr verringert sich die Abhängigkeit der Zellen von Glukose und der Stoffwechsel stellt sich auf Ketone um. Bei hoher Kohlenhydrataufnahme wiederum passt der Stoffwechsel sich daran an und kann evtl. überschüssige Kalorien aus Kohlenhydraten in Form von Fett speichern. Möglicherweise ist ein hoher Fettanteil in der Nahrung nur dann von Nachteil, wenn er in Kombination mit vielen Kohlenhydraten daherkommt?

Mein Körper läuft bekanntlich seit vielen Jahren hervorragend mit einer kohlenhydratbasierten Ernährung mit geringem Fett- und Proteinanteil. Die Fähigkeit unseres Körpers, aus seinen Speichern zu leben, ist zweifellos elementar für die Entwicklung der Menschheit und kann selbstverständlich auch für dich und mich eines Tages überlebenssichernd sein. Mir scheint es allerdings eher ein „Notprogramm“ zu sein als unsere optimale Dauerernährung. Schon allein der uns angeborenen Geschmacksvorliebe für Süßes wegen (Muttermilch ist süß! Vielleicht wäre Durian unsere artgerechte optimale Grundnahrung: süß und fettreich! 😉 ). Wiewohl mich der Gedanke an ein Experiment (zum Vergleich meines Wohlbefindens bei einer fettbasierten, kohlenhydratarmen Ernährung) ein wenig anzieht, erscheint ich mir eine solche dauerhafte Ernährungsweise einfach bei weitem nicht so reizvoll wie meine gewohnte Art zu essen. Bislang, ohne Not, fühle ich mich nach wie vor optimal „angetrieben“ von reichlich Kohlenhydraten aus frischen Früchten!

Zucker!

Früchte sind für mich der wesentliche Bestandteil einer funktionierenden rohen Ernährungsweise. Ergänzt mit Grünzeug, möglichst Wildkräutern, mal mehr, mal weniger – je nach Bedarf. Im deutschen Klima & mit den dort zur Verfügung stehenden Früchten (die größtenteils lange Anreisewege hinter sich hatten) brauchte ich sehr große Mengen an Wildkräutern. Hier im Süden, versorgt mit reichlich regionalen nahrhaften Früchten & mit mehr Sonne & natürlicher Wärme, brauche ich nicht so viele. Früchte jedoch immer, reichlich! Meiner Beobachtung nach haben viele, die an der Rohkost scheitern, zu wenig Früchte gegessen oder zu wenig Wildkräuter.

Früchte liefern uns reichlich Kohlehydrate, unsere effizienteste Energiequelle! Außerdem Eiweiß & Fett in genau dem (im Vergleich zu den aus der Standardernährung stammenden Empfehlungen gering erscheinenden) richtigen Verhältnis.


Warum brauchen wir so viele Kohlehydrate in unserer Ernährung?

Kohlehydrate sind die effizienteste Energiequelle für unseren Körper. Pflanzen bilden sie und speichern sie in all ihren Bestandteilen: Blätter, Stengel, Wurzeln und Früchte. Die meisten Früchte bestehen zu über 90% aus Kohlehydraten & erfüllen so unseren Nährstoffbedarf optimal. Unser Gehirn & Körper brauchen eine stetige Glukoseversorgung um zu funktionieren.

Das worauf die meisten, denen Rohkost nicht gelingt, zurückfallen, sind kohlehydratreiche Lebensmittel wie Brot, Nudeln, Pizza, Kuchen … weil sie zu wenig Früchte gegessen haben & ihre Zellen deshalb dringend nach Kohlehydraten verlangen & das Gehirn so nach den gehaltvollsten bekannten Quellen dafür sucht – erhitzte Kohlehydrate! Wenn wir hungrig sind, schert sich das Gehirn nicht darum, was es über gesunde/ungesunde Quellen weiss – es will einfach nur den Blutzuckerspiegel anheben.

Die Geschmacksknospen für die unterschiedlichen Geschmacksrichtungen sind in Zonen auf unserer Zunge verteilt. Die Geschmacksknospen für den süßen Geschmack liegen an der Zungenspitze – und haben so als erste Kontakt mit probierter Nahrung. Süßer Geschmack (von Kohlehydraten) ist das, wonach unser Körper in erster Linie sucht.

Wenn du zuwenig Kohlehydrate isst, ist die Gefahr groß, dass du zuviel Fett isst. Einen großen Teil der benötigten Kohlehydrate durch Fett zu ersetzen, funktioniert jedoch nicht. Es verstopft unsere Arterien, lässt uns uns langfristig nicht wohl fühlen, nicht gedeihen. Wir setzen viel leichter Fett an & es befriedigt unseren Appetit nicht wirklich: nach einer fettreichen Mahlzeit hast du fast immer noch Appetit auf einen süßen Nachtisch, auf süße Früchte. Das, wonach deine Zunge, dein Geschmackssinn sucht, wurde durch die fettreiche Mahlzeit nicht befriedigt.

Der schlechte Ruf, den Zucker gemeinhin hat, ist durch die raffinierten Zucker aus der Standard-Kochkost begründet, die dort in großen Mengen & in Kombination mit Milchprodukten & Mehlprodukten vorkommen – nichts davon tut der Gesundheit gut & es ist kaum differenziert festzustellen, welchen Anteil genau der Zucker daran nun hat. In jedem Fall hat der natürlich in frischen Früchten enthaltene Zucker herzlich wenig mit seiner isolierten, raffinierten Version zu tun & ist definitiv nicht schädlich für uns!

Einen guten Weg um festzustellen, wie geeignet ein Nahrungsmittel ist, uns zu nähren, finde ich die Frage, ob es allein, mono, als Mahlzeit taugt. Eine Mono-Mahlzeit aus Bananen, Orangen oder Mangos – phantastisch! Lecker, sättigend, befriedigend. Du kannst davon soviel essen, bis du wirklich satt bist. Mit Oliven, Nüssen oder Avocados pur funktioniert das eher nicht – ohne Kohlehydrate/Zucker (oder Salz) dazu isst kaum jemand, ob Roh- oder Kochköstler, fettreiche Nahrung. Es ist aber von der Natur gewiss nicht so gedacht, dass wir ihre Produkte erst aufpeppen müssen, damit sie schmecken. Früchte & Grünzeug sind die einzigen Nahrungsmittel, die auch allein köstlich schmecken & unseren Nährstoffbedarf decken. Und du kannst von ihnen essen, soviel dein Herz begehrt!

Low Fat Raw Vegan

Kurz: LFRV. Auch bekannt als Low Fat High Carb. Oder 80/10/10. Ein Ernährungskonzept, bei dem mindestens 80% der Nahrungsenergie aus Kohlehydraten, maximal 10% aus Fett & 10% aus Eiweißen aufgenommen werden. Kohlehydrate – das bedeutet Früchte oder Gemüse. Wobei Gemüse so wenig Kalorien enthalten, dass es schwierig wird, davon ausreichend große Mengen zu essen um satt zu werden. Eiweiß kommt optimalerweise überwiegend aus (wildem!) Grünzeug, Fett aus Avocado, Kokosnuss, Kernen etc.

In der Praxis kann das z B so aussehen, dass es pro Tag zwei bis vier Mono-Früchtemahlzeiten gegessen werden. Das sind dann natürlich jeweils ein paar mehr Früchte, denn gehungert werden soll hier keineswegs! Der Fettbedarf kann locker durch 1-2 Avocados (oder entsprechende Mengen anderer Fettfrüchte) pro Woche(!) gedeckt werden. Sehr klärend für den Körper sind dabei sogenannte „Banana Island“-Phasen: für eine gewisse Zeit, einige Tage oder Wochen, wird nur eine einzige Frucht gegessen. Für die, die lieber mischen & zubereiten, gibt es jedoch durchaus auch viele rohe fettarme Rezepte.

Wie immer bei solchen Konzepten: manche sind begeistert & fühlen sich damit, eine Zeitlang oder auch langfristig, phantastisch. Andere nicht. Bedarf, Zustand usw sind halt sehr individuell. Während Frederic Patenaude sich schon seit vielen Jahren low-fat roh ernährt, hält die ebenfalls langjährige Rohköstlerin Jinjee Talifero diese Ernährungsform langfristig für nicht so geeignet: ihrer Beobachtung nach sehen viele Low-Fat-Rohköstler nach einigen Jahren ausgemergelt aus. Eventuelle Schwierigkeiten bei der Verdauung von Fetten sollten ihrer Meinung nach nach einigen Monaten, spätestens 2 Jahren, behoben sein & dann wieder mehr Fette in die Ernährung eingebaut werden. Außerdem betont sie die Bedeutung von Grünzeug insbesondere während fettarmer Rohkost-Phasen. Einige ihrer Argumente für ausreichend Fett in der Ernährung: fettlösliche Vitamine (D, K, E, A), die nur zusammen mit Fett verstoffwechselt werden können. Fett soll lt. wikipedia nötig sein für gesunde Haut & Haare, um Falten zu verhindern, um die Körpertemperatur zu halten, als Schutz für innere Organe & als Reserve für Notfälle.

Ich glaube, es ist wie immer eine Frage des richtigen Gleichgewichts zwischen zuviel/zuwenig sowie des aktuellen, individuellen Bedarfs. Für mich habe ich in den letzten Jahren festgestellt, dass mir Monomahlzeiten sehr gut tun & ich mich umgekehrt nach dem Essen von viel durcheinander Gemischtem gar nicht gut fühle. Nüsse/Kerne kann ich vielleicht mal, selten, als kleine Monomahlzeit essen, jedoch funktioniert eine befriedigende, sättigende Nur-Avocado-Mahlzeit für mich nicht. Dass ich unbedingt viiiiiel Grünzeug brauche – entweder pur oder zu Früchten oder zu Fett. Insgesamt geht es mir besser mit eher wenig Fett, es gibt jedoch immer mal wieder Phasen, in denen mein Körper nach mehr Fettigem verlangt. Vielleicht ein Zeichen für einen eine Zeitlang nicht gedeckten Bedarf, oder ein Versuch, Entgiftungskrisen, eventuell auch seelischer Art, abzumildern. Wie immer folge ich in jedem Fall dem wahrgenommenen Bedarf & fange nicht etwa an, Kalorien zu zählen, mein Essen zu wiegen, zu analysieren, zu berechnen.

Ach ja, last not least: natürlich gilt bei lfrv genauso: nur Essen allein hält uns nicht gesund, viel Bewegung, Sonne, frische Luft sind auch auch hier wichtig!